Chancengleichheit ist nur mit einem gerechteren Zugang zu Bildung möglich. Dafür muss die Zukunft der Hochschulbildung inklusiv sein. Janis Lena Meißner ist Dozentin an der TU Wien, wo sie die Verantwortung mitträgt, Studierende zu den Technologieentwickler:innen von morgen zu formen. In ihren Vorlesungen betont sie die Bedeutung von Diversität und Inklusion, reflektiert jedoch auch über ihre eigene Verantwortung und Praktiken diese in der Hochschullehre zu fördern. Inklusion ist kein Selbstläufer; sie erfordert anhaltende Aufmerksamkeit und Care Work. Die praktische Umsetzung kann herausfordernd sein, erfordert Offenheit und Mut, sich mit bis dahin unbekannten Perspektiven auseinanderzusetzen, und die Bereitschaft, eigene Wahrnehmungen zu hinterfragen.
In diesem Talk schöpft Janis Lena Meißner aus ihrer eigenen Erfahrung als Studentin „anders“ zu sein, reflektiert über die Bedeutung von inklusiver Hochschullehre aus Sicht einer Lehrperson und teilt ein paar persönliche Praktiken, wie sie ihre Lehre mit Blick auf Diversität und Inklusion gestaltet.
Vor 20 Jahren war sie noch selbst Studentin an der TU Wien – und in mehrfacher Hinsicht im Informatik-Studium eine statistische Ausreißerin: weiblich, AHS-Absolventin mit geringen Programmier-Vorkenntnissen und die erste in ihrer Familie, die sich an ein Universitätsstudium herantraute. Sie kann sich noch gut daran erinnern, wie sich diese Unterschiede in ihrem Studienalltag widerspiegelten; sich anders zu fühlen, nicht immer ernst genommen zu werden und oft so, als müsste sie doppelt und dreifach beweisen, dass sie in ihrem gewählten Studium „richtig“ ist. Ein Bachelor- und ein Masterstudienabschluss, ein Doktorat in England und mehrere Auszeichnungen für exzellente Studienleistungen und für ihren Einsatz für Diversität und Inklusion an Hochschulen später, besteht kein Zweifel mehr, dass ihre Studienwahl damals richtig war. Mittlerweile ist ihr zudem bewusst geworden, dass sie selbst (trotz aller genannten Unterschiede und erlebten Hürden) zugleich relativ privilegiert im Studium war. Auf dem Weg begegnete sie Studierenden, die aufgrund ihrer Unterschiede teilweise noch mehr damit zu kämpfen hatten und haben, „anders“ zu sein – sei es aufgrund ihres Geschlechts, ihres kulturellen Hintergrunds oder einer Behinderung. Lehrpersonen können können für diese Studierenden einen wichtigen Unterschied ausmachen, wenn sie bereit sind, hinzuhören, sich aktiv mit diversen Lebensrealitäten auseinanderzusetzen und maßgeschneiderte Unterstützung zu leisten. Es geht darum, Studierende, die sich „anders“ fühlen, darin zu bestärken, dass sie in ihrem Wahlstudium „richtig“ sind. Genau dies ist das Handwerk von inklusiver Hochschullehre.
An der sich unmittelbar an die Keynote anschließende Podiumsdiskussion nehmen folgende Personen teil, die einen Beitrag zum Schwerpunkt „Inklusive Gestaltung von Hochschulen – Innovation und Barrierefreiheit in der Lehre“ des am 15. Dezember erschienenen fnma Magazins verfasst haben:
DI Janis Lena Meißner, MRes PhD ist Forscherin an der Human-Computer Interaction Forschungsgruppe der TU Wien mit Schwerpunkt auf Technologiewirkung und inklusive Digitalisierungsprozesse. Als Dozentin unterrichtet sie derzeit die Lehrveranstaltungen „User Research Methoden“ und „Free and Open Technologies“ im Informatik-Master-Studiengang „Media and Human-Centred Computing“ an der TU Wien, sowie „Technologien für Inklusion“ im Bachelorstudiengang „Inklusive Pädagogik in außerschulischen Praxisfeldern“ an der Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten.